Küss mich

 

Küss mich, Muse, und lass die Klänge alter Tage wieder klingen. Lass die Feder tanzen zu den Liedern deiner Sinne. Schau doch, wie erbärmlich ich vor ihr stehe, wie närrisch ich doch wirke, wenn sie mich mit dieser Abscheu anblickt. Herabwürdigend. Die Blätter weiß, unbeschrieben und staubig, teils verknüllt im Papierkorb, ein Teppich aus Papier, ist das nicht lustig? Sag, findest du es lustig?

Küss mich, nur einmal Muse, und flüster mir zu, sprich zu mir und nimm mich mit auf deine Reise. Diese vier Wände, sie erdrücken mich. Könnte ich doch die Welt bereisen in meinen Träumen, könnt ich bloß der Welt die Reise beschreiben. Willst du mich nicht mitnehmen, treue Freundin?

Schau dir den Regen an, wie trüb die Welt doch scheint. Sagtest du nicht, die Welt sei schön, sei ein Traum, ein Abenteuer. Wie oft hab ich dir geglaubt, Lügnerin!

Lüg mich noch mal an, mit nur einem Kuss, und zeige mir den Zauber der Sterne, lass den Regen zu Engelstränen werden, lass sie ans Fenster klopfen, auf die Haut fallen, wie samtweiche Küsse des Geliebten. Hast du jemals geliebt, Muse? Was weißt du schon vom Leben?!

Ein Theaterstück, sagst du? Da ist doch keine Bühne.  Das Leben ist Krieg, naives Kind, das Schlachtfeld unter meinen Füßen. Mit Menschen, die tapfer kämpfen, mit Menschen die blind eingreifen und sich unbewusst opfern, mit Menschen, die sich verstecken. Sie haben Angst, leiden, hungern und sterben. Menschen, die sich ergeben.

Ich ergebe, mich, Muse, für diesen einen Kuss, wenn du mich bloß...

Muse?



 
   
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